Rede der Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Regensburg Irene Dullinger anlässlich des Festaktes zum 200-jährigen Bestehen der Sparkasse am 05. Mai 2022 im Alten Rathaus Regensburg, Historischer Reichssaal
Es gilt das gesprochene Wort.
Anrede,
meine Vorstandskollegen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse Regensburg freuen sich mit mir, dass Sie unserer Einladung zum Festempfang anlässlich des 200. Geburtstages der Sparkasse Regensburg gefolgt sind.
Ich danke Ihnen, Frau Oberbürgermeisterin, dass wir im Historischen Reichssaal zu Gast sein dürfen. Dies empfinde ich als besondere Auszeichnung.
Besonders bedanken möchte ich mich ebenfalls bei Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder, für Ihre Festansprache und die Würdigung der Sparkassenidee und unseres Instituts. Ich freue mich, dass Sie heute den Weg nach Regensburg gefunden haben.
Es dürfte Sie vielleicht interessieren, dass ich bei der Vorbereitung unseres Jubiläums auf eine finanzielle Bringschuld Bayerns an Regensburg gestoßen bin: 2 Millionen Gulden versprach Kaiser Napoleon bei seinem Aufenthalt in Regensburg der Stadt für den Wiederaufbau nach ihrer schrecklichen Verwüstung im Jahr 1809. Als kurz danach Regensburg 1810 von Frankreich an Bayern abgetreten wurde und seinen stolzen Status als freie Reichsstadt verlor, zahlte Bayern dafür an Frankreich zwar jährlich 400.000 Francs, aber die versprochenen zwei Mio. Gulden wurden „vergessen“. Deren Wert betrug 2021 laut Statistik der Deutschen Bundesbank 50 Millionen Euro.
Nun wissen wir natürlich in Regensburg und Umgebung, dass wir heute mehr wert sind als 50 Millionen Euro, aber wie bei jeder guten Addition von Hand behalten wir sie selbstverständlich „im Sinn“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Geschichte der Sparkasse Regensburg begann im Jahr 1822. Sie wurde meines Wissens als fünfte bayerische Sparkasse gegründet – nach Nürnberg, Augsburg, Würzburg und Ansbach. Gründer war Johann Wilhelm von Anns, Großhändler, Zweiter Bürgermeister dieser Stadt und Landtagsabgeordneter.
Die Sparkasse war eine mit dem städtischen Pfandhaus vereinigte Anstalt mit dem Zweck, von Dienstboten, Handwerksgesellen und anderen unbemittelten Personen Ersparnisse anzunehmen und mit Zinsen und Zinseszinsen zurückzuzahlen. Das Sparkassenmodell galt als „Wohlfahrtsanstalt“, es sollte dafür sorgen, dass Menschen für das Alter und den Notfall vorsorgen.
Anns verband in der Präambel und im Nachspann der Sparkassensatzung einen eindeutigen pädagogischen Appell zur Sparsamkeit und gegen „Unsittlichkeit“ und „Verschwendungssucht“. Es versteht sich von selbst, dass diese Art von realitätsfremder Werbung bei den Ärmsten nicht besonders verfing und daher die Sparkasse anfangs bezüglich der Zahl ihrer Anleger und deren Einlagen ein eher mäßiges Geschäft aufwies.
200 Jahre später stellen wir fest, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung unserer Region und die Einstellung der Menschen zur Vorsorge sich auch im Mittelzufluss widerspiegeln: Im Geschäftsjahr 2021 hatte die Sparkasse Regensburg Kundeneinlagen in Höhe von 4,1 Milliarden Euro und damit den höchsten Betrag in ihrer Geschichte.
Anns hatte bei der Gründung eine Obergrenze von 100 Gulden für Einlagen festgeschrieben, die damals die niedrigste Obergrenze der bayerischen Sparkassen. Dies war nicht in erster Linie sozialen Motiven geschuldet, also dass die Sparkasse die Bank der kleinen Leute sein sollte, sondern einer sehr konservativen Vorsorge: Anns‘ Ziel war eine Risikominimierung für den Haftungsträger Stadt Regensburg.
Auch hier zeigt sich, dass die Entwicklung vorangegangen ist – Bankenrisiken werden heute durch die Bankenaufsicht BaFin adressiert und im Sparkassenwesen durch die Institutssicherung begrenzt. Hinzugekommen ist zudem der Anlegerschutz durch die Einlagensicherung und verschiedenste regulatorische Vorgaben.
Die Einlagen durften anfangs zunächst nur als öffentliche Kredite an das städtische Pfandleihhaus vergeben werden, was für die Kommune sehr praktisch war, weil sie sich bei der eigenen Sparkasse refinanzieren konnte. Erst unter Anns‘ Nachfolger wurden auch Privatpersonen durch eine Kreditvergabe unterstützt, in erster Linie durch eine Vergabe von Darlehen gegen Hypothek.
Im Zuge der Industrialisierung Regensburgs und seiner Umgebung ab 1860 baute die Sparkasse allmählich ihre Rolle als Kreditgeber für Gewerbetreibende und Unternehmen aus. Trotzdem blieb es für Unternehmen in der Region schwierig, Kapital für größere Investitionen zu erhalten.
Auch diese Umstände haben sich geändert: Im Jahr 2021 waren fast 1,73 Milliarden Euro Wohnbaukredite im Bestand, genauso wie über 337 Millionen Euro öffentliche Förderkredite. Außerdem ist die Sparkasse Regensburg Marktführer bei Krediten an kleine und mittlere Unternehmen. Im Geschäftsjahr 2021 zählten wir 600 Firmen und 4000 gewerbliche Kunden.
Und lassen Sie mich noch eine letzte historische Herleitung anfügen, beim Thema Öffnungszeiten: Die Sparkasse Regensburg hatte die ersten Jahre in einem Raum des Rathauses an den vier sogenannten Zielzeiten Lichtmess, Georgi, Jakobi und Allerheiligen, das waren die Zahltage für die Dienstboten, sowie an den darauffolgenden 8 Tagen jeweils von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Ansonsten nur donnerstags von 9-12 Uhr.
Heute stehen wir unseren Kundinnen und Kunden rund um die Uhr zur Verfügung. Insgesamt werden unsere digitalen Kanäle von 18.000 Kundinnen und Kunden pro Tag genutzt, daneben betreibt die Sparkasse 31 Filialen, in denen vor Ort Finanzdienstleistungen und Beratung angeboten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Rückblick zeigt: Wir kommen aus einer anderen Welt. Und wir sind in den letzten 200 Jahren große Schritte hin zu unserer heutigen Welt gegangen. Es ist uns gelungen, von einer eher zurückhaltend aufgestellten bayerischen Sparkasse zum regionalen Marktführer in der Oberpfalz zu werden. Im Laufe dieser beiden Jahrhunderte war die Gesellschaft immer wieder mit Entwicklungen konfrontiert, die so nicht vorauszusehen waren. Weltkriege, Währungsreformen, gesellschaftliche Umbrüche. All das haben wir miterlebt und durchlebt. Ich will an dieser Stelle nur auf die zwei prägenden Ereignisse der letzten Zeit eingehen.
Zunächst die Corona-Pandemie. Sie hat selbst in Deutschland das Gesundheitswesen an seine Grenzen gebracht. Ganze Wirtschaftsbranchen waren stillgelegt, Kultur und Sport eingestellt, Nähe und menschliches Zusammensein auf ein Minimum reduziert. Letzteres selbst in Krankenhäusern und Altenwohnheimen. Auch wenn der Staat ganz entscheidend unterstützte, was viele Unternehmen und Arbeitsplätze sicherte, es ging und geht um mehr als Geld – es geht nach wie vor um Vorsicht, Rücksicht und menschliche Anteilnahme trotz Abstandsgebot.
Und seit drei fast drei Monaten erleben wir einen nicht für möglich gehaltenen, das Völkerrecht und die Menschenrechte verachtenden Krieg in der Ukraine. Menschen fliehen aus ihrer Heimat und kommen zu uns, in unsere Heimat. Auch wenn natürlich finanzielle Hilfen und Kontoverbindungen wichtig sind, geht es auch hier um viel mehr als nur um Geld.
Unsere Sparkasse hat bisher 334 Konten eingerichtet, ihre Zahl nimmt weiter zu. Der Philosoph Peter Sloterdijk stellte jüngst fest, es sei eine „menschliche Transferunion“ entstanden. Dafür danke ich auch an diesem Tag allen, die sich hier in Regensburg und Umgebung engagieren – finanziell, aber auch mit persönlichem Einsatz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sich Veränderungen zu stellen, das Geschäftsmodell an die Anforderungen der jeweiligen Zeit anzupassen und in der Region zu wachsen – das hat die Sparkasse Regensburg in den vergangenen 200 Jahren geleistet. Dazu zählt auch die Fusion der Stadt- und Kreissparkasse im Jahr 1982. Wie sieht die Zukunft der Sparkasse aus? Will man sich nicht auf Wahrsagerei verlegen, lautet eine Antwort: Die Zukunft lässt sich am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet.
Meine These: Die Bank von morgen ist das Resultat der Kundenanforderung und Kundenpräferenz von heute. Kundenwünsche zu erfüllen – mit Präsenz, mit individuell zugeschnittenen Angeboten und mit Beratung, ist ein unschlagbarer Vorteil lokaler Banken. Das heißt aber nicht, dass das so bleiben muss. Kundenwünsche verändern sich und mit ihnen die Finanzintermediäre. Neobanken, Direktanbieter und Angebote von FinTechs sind schon jetzt die Wettbewerber von Sparkassen und traditionellen Banken. Hinzu kommt, dass stationäres und digitales Angebot von Banken zusammenwachsen, viele Kundinnen und Kunden nutzen bereits beides und das bei unterschiedlichen Anbietern.
Sie wollen ein Angebot an bedarfsgerechten, sicheren, wettbewerbsfähigen, transparenten und verständlichen Finanzdienstleistungen. Und sie möchten auf dem Kommunikationskanal angesprochen werden, den sie präferieren. Beratung, ob in der Filiale oder per Videoanruf, ist in diesem Zusammenhang kein Kostenfaktor, aus meiner Sicht ist sie ein Mehrwert - für uns als Sparkasse und für unsere Kundinnen und Kunden. In den Anliegen für eine Beratung zeigen sich unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Bedarfe und umkehrt sehen unsere Kundinnen und Kunden mögliche Lösungen. Und das in allen Bereichen - in der Firmenbetreuung, der Geldanlage, beim Immobilienkauf oder der privaten Vorsorge. Und selbstverständlich sind auch wettbewerbsfähige Produkte und Preise Teil der Lösung.
Beratung bedeutet auch Sichtbarkeit und Kontakt vor Ort. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vielleicht mal in der Mittagspause - aber sie können sich nicht hinter stundenlangen Warteschleifen verstecken.
Der Bankensektor wird sich durch neue Technologien wie zum Beispiel Blockchain, Künstliche Intelligenz oder Advanced Analytics weiterentwickeln. Diejenigen, die darauf aufbauende Vertriebskanäle beschreiben sagen auch, dass es durch den Wechsel zu einer digitalen Bank schwieriger wird, Kundenprobleme zu verstehen. Wenn Sie mich fragen: Ich verstehe lieber meine Kunden und ihre Probleme, als dass ich nur darauf vertraue, dass Programmatiker und Analysten mir die richtigen Programme an die Hand geben. Und ich bin der festen Überzeugung: Durch engen, persönlichen Kontakt zum Kunden lassen sich auch die besseren Entscheidungen treffen.
Wir als Sparkasse Regensburg werden auch im Zeitalter der Digitalisierung gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden einen Weg für eine gute, partnerschaftliche Geschäftsbeziehung finden – offen und modern und gleichzeitig beständig und nahbar; wettbewerbsfähig bei Standardlösungen und unschlagbar bei passgenauen Einzelfalllösungen.
Wir werden präsent sein in dieser Region - nicht nur weil dies unser Auftrag ist, sondern weil es der Sinn unseres Geschäftes ist. Denn es geht um mehr als Geld – es geht um Beziehungen, Vertrauen und regionale Verantwortung und Sichtbarkeit.
Eine lokale Bank ist auch Teil einer regionalen Gemeinschaft. Das gilt besonders für die Sparkassen, die in der Trägerschaft der Kommunen sind. Gemeinschaft zu erfahren ist auf ganz unterschiedliche Weise möglich, zum Beispiel bei der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben.
Dies geschieht einmal durch unser gesellschaftliches Engagement, das wir an den hiesigen Bedürfnissen auszurichten. Aber auch im Wirtschaftsleben geht es um die Bewältigung gemeinsamer Aufgaben. Die Corona-Pandemie war eine solche herausfordernde Aufgabe. Wir haben als Sparkasse mit unseren Unternehmenskunden viele Gespräche geführt und gute Lösungen gefunden.
Die nächste wichtige gemeinsame Aufgabe sehe ich in der Bewältigung des Klimawandels. Sie wird erhebliche Veränderungen der Real- und der Finanzwirtschaft mit sich bringen – deshalb könnte es auch heißen „Klima und Wandel“.
Als Auswirkung der Taxonomie, also des EU-weiten Klassifizierungssystems für ökologische Nachhaltigkeit, werden Banken zu einer Nachhaltigkeitsbetrachtung im Investitions- bzw. Kreditvergabeprozess verpflichtet. Und gleichzeitig sehen wir immer mehr Kunden, die ihr Geld nachhaltig und in grüne Projekte anlegen wollen. Ich bin sicher, dahin geht die Zukunft, deshalb „Klima und Wandel und Zukunft“.
Die wirtschaftliche Basis Deutschlands sind die zahlreichen Unternehmen in der Fläche. Ihre Aufgabe ist es, die wirtschaftliche Transformation als Thema anzunehmen und zu leisten. Dazu müssen wir in den Regionen Wirtschaft, Banken, Wissenschaft und die Zivilgesellschaft zusammenbringen.
Aber damit wir die Transformation bewältigen können, muss eine – nach meiner Ansicht - Selbstverständlichkeit berücksichtigt werden: die lokalen, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie die entsprechenden kleinen und mittleren Banken dürfen nicht mit überzogenen administrativen Belastungen bei Berichts- und Compliance-Pflichten bzw. entsprechender Regulatorik überzogen werden. Mein Appell daher heute an die Politik: Es braucht mehr Proportionalität bei den entsprechenden Anforderungen. Nur so können Unternehmen und Banken ihrer eigentlichen Aufgabe – den lokalen wirtschaftlichen Umbau zur Nachhaltigkeit voranzutreiben und ihn zu finanzieren - gerecht werden.
Verehrte Gäste, laut „Digital Life Index“ (des Beratungshauses Publicis Sapient) sind die Deutschen ihrem Finanzinstitut weiterhin eher treu. 71 Prozent gaben an, dass sie nicht vorhaben, in den kommenden zwölf Monaten die Bank zu wechseln. Die Veröffentlichung stammt aus dem letzten November.
Im Umkehrschluss: Ich hoffe doch sehr, dass jetzt nicht 30 Prozent unserer heutigen Gäste, die gleichzeitig Kundinnen und Kunden der Sparkasse sind, diesen Wechsel innerhalb der nächsten sechs Monate beabsichtigen. Denn sonst müssten meine Kollegen und ich ab jetzt Überzeugungsarbeit leisten. Das tun wir selbstverständlich immer gerne – nur heute, an diesem für die Sparkasse Regensburg besonderen Geburtstag, würden wir lieber mit Ihnen „unsere Sparkasse“ feiern.
Bitte bleiben Sie daher alle, in welcher Funktion Sie auch immer heute unsere Gäste sind, uns treu – und besser noch: aufmerksame und kritische Wegbegleiter! Ich danke in diesem Zusammenhang den Mitgliederinnen und Mitgliedern des Verwaltungsrates, an ihrer Spitze Frau Landrätin Schweiger, die uns diese Wegbegleitung in einem aufmerksam-konstruktiven Dialog entgegenbringen.
Die Wertschätzung meiner Kollegen und meinerseits ist Ihnen allen als unsere heutigen Gäste sicher.
Auch gilt mein Dank all unseren Kolleginnen und Kollegen, denn Sie sind in Ihrem täglichen Tun die Grundlage für unseren nachhaltigen Erfolg.
Die Zukunft lässt sich am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet – das gilt für uns auch im Jubiläumsjahr. Ihre Erwartungen sind unser Ansporn. Dies möchten wir in einer kurzen filmischen Einspielung, die Sie gleich im Anschluss sehen, zum Ausdruck bringen.
Danach hören wir noch ein Musikstück und dann bitte ich Sie, auch im Namen meiner Vorstandskollegen, zum Empfang, um auf weitere gute und erfolgreiche Jahre und Jahrzehnte der Sparkasse Regensburg anzustoßen.
200 Jahre Sparkasse Regensburg. Ein besonderes Jubiläum. Ein Grund, stolz und dankbar zu sein. Ein Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen.
Weils schon immer um mehr als nur Geld ging. Ich verspreche Ihnen: dafür stehen wir auch in Zukunft
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.